Wir alle haben unser Geld auf irgend einer Bank liegen. Den wenigsten von uns ist aber bewusst, das da damit passiert und dass die Geschäftstätigkeiten unserer Banken mitunter grosse Auswirkungen auf das Klima haben. «In unserer Gesellschaft fehlt die Finanzbildung», sagt auch Anna-Valentina Cenariu von der Alternativen Bank Schweiz (ABS), die ich für ein Podcastinterview treffen durfte.

Wie funktionieren Banken?

Das Geld, welches wir einer Bank anvertrauen, liegt nicht einfach dort in einer Schublade. Es wird genutzt, um damit Investitionen zu tätigen oder Kredite zu verleihen – Begünstigte können sowohl Privatpersonen als auch Firmen sein. Dabei fliesst nicht selten Geld in Unternehmen und Branchen, die direkt oder indirekt den Klimawandel fördern, beispielsweise in Produzenten fossiler Energie, in die Zementbranche oder in die Autoindustrie. Das bedeutet, dass auch unser Geld unter Umständen in Firmen fliesst, die einen massiven Beitrag zum Klimawandel leisten – und wir wissen es nicht einmal. 

Der Schweizer Finanzplatz unterstützt zur Zeit ein Klimawandelsszenario von 4 bis 6° Celsius.

Von welcher Grössenordnung sprechen wir?

Die Schweiz ist einer der bedeutendsten Finanzplätzen der Welt – dementsprechend gross sind Impact und Verantwortung unserer Finanzinstitute. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hat 2015 in einer Studie festgestellt, dass allein der Schweizer Aktienfondsmarkt jährlich gleich viele Emissionen finanziert, wie die Schweiz als Land im selben Zeitraum ausstösst. Da diese Zahl jedoch nur etwa 5 % aller Investitionen abbildet, wird vom 20-fachen dieser Emissionen ausgegangen, was jährlich 1’100 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten entspricht. Das BAFU schreibt in seinem Bericht, dass der Schweizer FInanzplatz zur Zeit ein Klimawandelsszenario von 4 bis 6° C finanziert. (BAFU 2015, Klima-Allianz 2019)

Wo stehen wir bezüglich Nachhaltigkeit?

Der WWF hat gemeinsam mit PwC eine Studie zur Nachhaltigkeit der Schweizer Retailbanken für die Jahre 2020/21 durchgeführt. Das Bewertungsschema enthält die folgenden 5 Kategorien: 

    • Nachzügler – unterdurchschnittlich
    • Mittelfeld – durchschnittlich
    • Verfolger – zeitgemäss
    • Vorreiter – richtungsweisend
    • Visionär – Ziele entsprechen dem Pariser Klimaabkommen

In der Studie wurden die 15 grössten Marktteilnehmerinnen (gemessen an ihrer Bilanzsumme) bewertet. Untersucht wurden also folgende Schweizer Banken: Aargauer Kantonalbank, Luzerner Kantonalbank, Banque Cantonale Vaudoise, Graubünder Kantonalbank, Migros Bank, Postfinance, St. Galler Kantonalbank, Valiant Bank, Basler Kantonalbank, Basellandschaftliche Kantonalbank, Berner Kantonalbank, CS, Raiffeisen, UBS, Zürcher Kantonalbank. 

Die Ergebnisse dieser Studie sind ernüchternd: die beiden Kategorien «visionär» und «Vorreiter» bleiben leer, anschliessend landen sieben der untersuchten Banken in der Kategorie «Verfolger», 6 in der Kategorie «Mittelfeld» und zwei werden als «Nachzügler» eingestuft. Der WWF stellt fest, dass sich seit der Studie 2016/17 einiges getan habe, der Nachhaltigkeitsgedanke sei vermehrt verankert und auch das Angebot an Produkte und Services sei in diesem Zeitraum gewachsen. Allerdings hätten Kund*innen noch lange keine transparente Informationsgrundlage, um nachhaltige Finanzentscheidungen treffen zu können (WWF 2021: 88). 

Nachhaltigkeit ist kein Trend. Wir sind auf einem Weg, der nicht mehr rückgängig zu machen ist.
– Anna-Valentina Cenariu

Nachhaltige Banken

Dabei gibt es sie, sogenannte «nachhaltige» oder «ethische» Banken. In der Schweiz sind es erst zwei an der Zahl: die Freie Gemeinschaftsbank (Gründung 1984) und die Alternative Bank Schweiz ABS (Gründung 1990). 

Dabei gibt es für Nachhaltigkeitsbanken zur Zeit weder eine klare Definition noch Standards oder Labels. Die Erfüllung ihrer Kernfunktion für Wirtschaft und Gesellschaft gepaart mit Fairness, Transparenz, die Respektierung der planetaren Grenzen und die Lenkung der Gesellschaft in eine nachhaltige Richtung sind aber einige Eigenschaften, die nachhaltig agierende Banken ausmachen (WWF 2021: 43). In der Regel verfügffen diese Institutionen zudem über klare Negativkriterien, die festlegen, in welche Unternehmen und Branchen kein Geld fliessen soll. Laut Anna-Valentina Cenariu ist die Transparenz ein Schlüsselkriterium: Denn so lange wir nicht wissen, wo unser Geld hinfliesst, können wir auch keine informierten Entscheidungen darüber treffen, ob wir diese Praktiken unterstützen wollen oder nicht, so Cenariu.

Wie weiter? 

Der Bundesrat hat im Juni 2020 einen Bericht und Leitlinien zur Nachhaltigkeit im Finanzsektor verabschiedet. Erklärtes Ziel ist es, die Schweiz zu einem führenden Standort für nachhaltige Finanzdienstleistungen zu machen. Die Bestrebungen, die er dafür vornehmen will, sind aber noch sehr schwammig formuliert. Anna Cenariu ist dennoch optimistisch: «Nachhaltigkeit ist kein Trend. Wir sind auf einem Weg, der nicht mehr rückgängig zu machen ist». Dabei sieht sie die Banken, aber genauso auch Konsument*innen und nicht zuletzt die Politik in der Pflicht.